von Ewald Stachowiak
Ein ganz dickes Rufzeichen setzte Freiherr Diethard von Wrede am Samstagabend an den Schluss seiner kurzen Rede im Verlauf des Abschiedsempfang für die Dernbacher Schwestern, die nach 85-jähriger segensreicher Anwesenheit in Willebadessen von der Ordenleitung aus dem Städtchen am Eggewald abgezogen wurden. "Die Verbindung muss aufrecht erhalten werden, sie wird es auch. Wir Willebadessener werden für sie beten, wir fordern aber auch ganz schlicht und bestimmt ein, dass Sie auch für alle Menschen beten, die Sie im Raum Willebadessen kennen gelernt und betreut haben!". Von Werde erinnerte daran, dass sein Großvater irgendwie an der Ansiedlung der Armen Dienstmägde Jesu Christi in Willebadessen mitverantwortlich gewesen sei, er habe nämlich bei seinem Einzug an die Kriegsfront Bereitstellung eines Grundstücks für ein Schwesternwohnheim gelobt, falls er unbeschadet aus dem Krieg zurückkommen sollte. So geschah es. Von Wrede war einer der zahlreichen Abschiedsredner zum "Auf-Wiedersehen-Sagen" in Richtung Schwester Oberin Georgine, Schwester Altrudis und Schwester Adelgunde, die am 9. September definitiv Willebadessen verlassen werden, um dem Rückruf ihrer Ordensleitung Folge zu leisten. Zwei von ihnen gehen von Willebadessen aus gleich in den wohlverdienten Ruhestand im Mutterhaus, eine wird weiter aktiv im Orden tätig sein.
"Wer übernimmt nun all die Aufgaben, die von den Dernbacher Schwestern in Willebadessen sowie in der Umgebung, vorrangig auch in Altenheerse und Borlinghausen, selbstlos, bescheiden und ohne Bezahlung sowie ohne jeglichen Hinweis auf ihre aufopferungsvolle Arbeit, die oft bis zur Erschöpfung geführt haben müsse, verrichtet haben?", fragte Michael Hagemeier, der Vorsitzende des Pfarrgemeinderates. Eine große Lücke werde durch den Fortgang der Ordensfrauen, auf die stets Verlass in allen Lebenslagen gewesen sei, gerissen. Dönekes aus dem Zusammenleben mit den Schwestern auch bei nicht so ganz nur kirchlichen Angelegenheiten. So sei zum Beispiel die nun bald scheidende Oberin Georgine bei Tombolas für soziale Zwecke als beste Losverkäuferin bekannt gewesen, die auch den härtesten "Geldzusammenhalter" zum Loskauf animiert habe. Sichtlich bewegt stellte Michael Hagemeier fest: "Mit dem Abzug der Schwestern verliert Willebadessen ein Stück Stadtgeschichte"!
Noch nicht detailliert beurteilen, so der Leiter des Pfarrverbundes Willebadessen-Peckelsheim, Pfarrer Peter Heuel, könne er, nach nur einjähriger Anwesenheit im Raum Willebadessen, das Wirken der Armen Dienstmägde Jesu Christi. Was er aber im Hintergrund des gemeindlichen Geschehens erfahren und teilweise selbst erlebt habe, ließe auf die alte Weisheit schließen, dass sich die Abwesenheit von Ordenfrauen in einer Gemeinde am täglichen Geschehen in und um die Kirche herum ablesen lasse. Und nebenbei machte der Geistliche und bekennende Schalke-Fan, den zum Teil ebenfalls fußballerisch Blau und Weiß angehauchten Ordensfrauen auch noch eine Freude mit der Verkündigung, dass ihr gemeinsamer Lieblingsverein im Ruhrpott-Derby gegen Ortsnachbarn VfL Bochum gewonnen hatte und somit vorübergehend an der Spitze der Bundesliga rangiere.
"Schalke", das war auch das Stichwort für Pastor Bernhard Kämpchen, ebenfalls Blau-Weißer von Kindesbeinen an, dort selbst einstmals aktiver Kicker und somit stets Verbündeter der scheidenden Schwestern. Viele dienstliche und auch private Gespräche habe er mit den Ordensfrauen geführt, nicht immer sei es dabei tierisch ernst zugegangen. Aber, so bekannte Kämpchen, oft habe er auch bei seinen Predigten ein leichtes Lächeln auf den Gesichtern der Schwestern erkennen können, was er aber als gutes Zeichen gewertet habe, weil ein Priester das Wort Gottes fröhlich verkünden solle. Die Armen Dienstmägde hätten die Botschaft des Priesters zumeist also wie gewollt verstanden und richtig zu deuten gewusst.
Ohne große Worte sagten die Vertreter der Gemeinden Altenheerse und Borlinghausen, in denen die Schwestern mannigfache Aufgaben "querbeet!" erledigt hätten Dankeschön; sie könnten sich bisher noch nicht vorstellen, wer in den Gemeinden künftig das erledigen solle und könne, was für Ordensfrauen nach deren eigenen Worten häufig nur eine selbstverständliche Erledigung täglich anfallender Arbeiten gewesen sei.
Der Tag des offiziellen Abschieds begann in der St.Vitus-Kirche mit einer Heiligen Messe, die Pfarrer Peter Heuel, Pastor Bernhard Kämpchen und der Willebadessener Pastor Markus Pohl in Konzelebration feierten. Umrahmt wurde das feierliche Geschehen in der einstigen Klosterkirche vom Frauenchor St. Vitus unter Leitung von Karin Spork, die auch Solo-Parts übernommen hatte und zudem auch die Orgel spielte; der Männergesangverein St. Josef Willebadessen sang unter Leitung von Josef König.
Pastor Markus Pohl erwähnte in seiner Predigt die Bedeutung der Dernbacher Schwestern in ihrer 85-jährigen Anwesenheit in Willebadessen. Mit einem Wort könne man es charakterisieren: sie seien im Verlauf der achteinhalb Jahrzehnte ihres Wirkens in Willebandessen und Umgebung permanent auf allen nur denkbaren Aufgabengebieten erfolgreich präsent gewesen, was Arbeit von der Kirchenbetreuung über Dasein für Jedermann bis hin zum Dienst an Kranken im ehemaligen Krankenhaus bis hin zur Hilfe und Stütze gebrechlicher und alter Mitmenschen im späteren Altenheim (mit unzähligen Zwischen-Facetten) bedeutet habe. Immer hätte in ihrem Leben das Wohl und Heil des Mitmenschen absolute Priorität gehabt. Pohl erkannte auch die Argumente der Leitung der Dernbacher Schwestern an, ihren Standort Willebadessen, der schon öfter zur Aufgabe im Gespräch war, aktuell nicht mehr zu erhalten. Bei der Gelegenheit hegte Pastor Pohl die Hoffnung, dass auch aus Willebadessen, wo in den letzten Jahren diesbezüglich totale Funkstille geherrscht habe, in absehbarer Zeit wieder junge Menschen für Ordensberufe begeistert werden können. Pohl dankte den Schwestern für die Zeit der großen Liebe zum Menschen, die sie in Willebadessen nie versteckt hätten.
Scheinbar ganz nüchtern, dennoch spürbar in Abschiedsstimmung bedankte sich in Gegenrichtung die Provinzialoberin der Dernbacher Ordensfrauen, Schwester Benedicta, bei allen Willebadessern: sie lud sie zum Besuch ein.
Nur ganz mühsam konnten sich die scheidenden Ordensfrauen einen Weg durch das Spalier der vielen Kirchbesucher bahnen, die durch Umarmung, eine schöne Geste, kleine Geschenke und ganz leibe Worte bedanken wollten.